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Geschichte der Rehaklinik
Klinik Adelheid

So gut. So nah

Die Klinik Adelheid ist 1912 aus einer Schenkung der Zugerin Adelheid Page-Schwerzmann entstanden. Einst als Sanatorium für Patienten mit Lungenkrankheiten gedacht, ist die Klinik heute das führende Zentrum für Rehabilitation und Nachbehandlung der Zentralschweiz.

Einem alten Zugergeschlecht entstammend, verlor das am 20. August 1853 in Zug geborene Kind Katharina Rosalie Adelheid schon vier Jahre später seinen Vater Karl Kaspar Schwerzmann. Dieser betrieb einen weit bekannten Glashandel, führte das unstete Wanderleben eines Fremdenführers und begleitete ausländische Reisegesellschaften über den St. Gotthard in den Süden. Doch die fein gebildete, energische und doch verständige Mutter, eine geborene Agatha Weiss vom Berg, erzog das Mädchen mit jener Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit, mit der Witwen ihren Kindern den Vater zu ersetzen suchten. Die ersten sechzehn Jahre ihrer Jugendzeit verbrachte Adelheid in ihrem Vaterhaus an der Neugasse 12. In Zug bekam sie auch ihre Ausbildung in einer Privatschule.

Die Vermählung der 23-jährigen mit dem amerikanischen Industriellen George Ham Page in der englischen Kirche in Luzern war das Tor, durch das sie nun in die weite Welt schritt, eigentlich in eine Welt überseeischer Anschauungen. Ihr Gatte wurde am 16. Mai 1836 als erstes weisses Kind auf einer der Farmerstationen im Urwald von Palmyra im US-Staat Illinois geboren, inmitten einer feindlich gesinnten indianischen Bevölkerung. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg gründete er 1864 in Cham die erste europäische Kondensmilchfabrik. Frau Adelheid Page brachte für die Arbeit ihres Gatten grosse geistige Fähigkeiten mit und nahm an seinen geschäftlichen Freuden und Sorgen intensiven Anteil. Sie besprach mit ihm jede Einzelheit des weit verzweigten Geschäftes und zeigte Mut und Verständnis für alle seine Unternehmungen, denen ungewöhnliche Erfolge beschieden waren. Im industriellen Wirken aber entwickelte sich ihr lebhaftes und dauerndes Interesse für die Fabrikarbeit und ihren zwischenmenschlichen Fragen. Das war der Anfang ihrer späteren ungemein fruchtbaren gemeinnützigen Tätigkeiten.

An der Seite ihres Gatten erlebte Frau Adelheid Page das Aufblühen einer Industrie in zwei Erdteilen zugleich. Ihr Leben führte hin und her über den Atlantik und in die Weiten des nordamerikanischen Kontinentes und wechselte ab mit Aufenthalten in den grossen Städten Europas (Paris und London) und solchen am Zugersee. An den Kunststätten Italiens verfeinerte Frau Adelheid Page ihr angeborenes Gefühl für alles Schöne. Hier vertiefte sie sich in die Erhabenheit herrlicher Bauten und pflegte Umgang mit den bedeutendsten Kunstwerken des Abendlandes. Ihr eigenes Maltalent liess sie schon in jungen Jahren durch ausgezeichnete Lehrer ausbilden und stand so der Arbeit der Künstler aus eigener Betätigung nahe.

Zu ihrer grossen Freude entdeckte Frau Page die erwachende Begabung ihres einzigen, 1877 im Ritterhaus im Chamer Städtli geborenen Sohnes Fred für die Architektur. Sie verfolgte mit wachem Interesse seine mit grossem Erfolg an der École des Beaux-Arts in Paris betriebenen Studien. Doch unmittelbar vor dem Abschluss wurde Fred 1899 durch den plötzlichen schmerzlichen Tod seines Vaters aus seiner bisherigen Laufbahn herausgerissen. Mutter und Sohn fühlten sich aber so stark mit dem Lebenswerk des Verstorbenen verbunden, dass sie sich nicht zu einer raschen Trennung von der Firma entschliessen konnten. Der Entschluss zur Aufgabe des Studiums ist dem Sohn nicht leicht gefallen. Aber nachdem er ihn einmal gefasst hatte, setzte er seine ganze Kraft in die neue Aufgabe. Die Mutter führte ihn in das Geschäft ein und eröffnete sofort einen erfolgreichen Kampf dafür, dass Fred im amerikanischen Geschäftsteil als Erbe anerkannt wurde. Sie fürchtete dort keine Mühen, wie tagelange Reisen zu Pferd von Fabrik zu Fabrik.

Als Auswirkung der architektonischen Studien entstand nun in Mutter und Sohn der Gedanke, das alte und baufällige Schloss St. Andreas in Cham zu einem Familiensitz auszubauen (1903 bis 1907). In Elisa Maria Martinelli, einer Lehrerin aus Florenz, wurde Fred Page eine Gattin geschenkt, mit der er in glücklicher Ehe verbunden war bis zu ihrem frühen Tode. Sie schenkte ihm eine Tochter und einen Sohn und das Schloss wurde das eigentliche Heim für ihn und seine Familie. Die Mutter aber liess das benachbarte Haus zum Maienrain umbauen und zog sich dorthin zurück, wo sie sich nach den grossen Aufgaben ihrer jungen Jahre ein neues Arbeitsziel setzte. Auf wen immer Not geladen war, durfte an ihre Pforten klopfen und Hilfe erwarten. Aus dieser beständig geübten Güte einerseits und der aus vielen Umbauten erworbenen Erfahrung, erwuchs nun in Frau Adelheid Page die Kraft zu einem ungewöhnlichen Werk. Sie fasste den Entschluss, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel für die Tuberkulosekranken zu verwenden. Sie schenkte dem Zugervolk die Heilstätte im Ägerital, an der sonnigen, von Matten und Tannenwäldern begrenzten Halde des Erliberges. Am 18. Mai 1912 liess Frau Adelheid Page durch ihre Enkelin Monika Page die Schlüssel des von ihr völlig ausgestatteten Sanatoriums überreichen. Es erhielt nach ihr den Namen „Adelheid“. Diesem Werk fügte sie noch ein weiteres hinzu: Die ebenfalls im Ägerital gelegene vorbeugende Kinderheilstätte „Heimeli“ (1918). Beiden Lebenswerken brachte auch ihr Sohn Fred ein ganz besonders Interesse entgegen. Als kunstsinniger Architekt wirkte er beim Bau und bei der Einrichtung mit und schenkte den Betrieben seine stete Aufmerksamkeit. So hat auch er in seinem tiefen sozialen Empfinden überall grosszügig mitgeholfen, wo es galt, menschliche Not zu lindern. Und die Einwohner Chams rühmten seine Liebenswürdigkeit und sein Pflichtbewusstsein.

Die letzten Lebensjahre von Adelheid Page waren Jahre des Schmerzens. Eine Gesichtsneuralgie und schwere Gelenkveränderungen banden sie an den Lehnenstuhl. Eine erfolgreiche Operation liess sie noch einmal zurückholen in ihr geliebtes Haus am Maienrain. Die körperlichen Kräfte aber reichten nicht mehr zu den damals beschwerlichen Reisen nach den Vereinigten Staaten, welche die Gesetze zur Beibehaltung des Bürgerrechts verlangten. Adelheid Page stand in Gefahr, staatenlos zu werden. Sie ersuchte daher den Bürgerrat von Cham um eine Erteilung des Bürgerrechts, das die Bürgergemeindeversammlung vom 12. Juni 1921 einstimmig und ehrenhalber zu gewährleisten beschloss.

Dann aber kam der Tag des 15. September 1925, an den das Zugervolk seine grösste Wohltäterin durch den Tod verlor. Damit fand ein an Arbeit und ungewöhnlichen Erfolgen reiches Leben seinen Abschluss. Die Tuberkulosekrankheit ist durch die Fortschritte der medizinischen Forschung weitgehend gebannt worden. Die Heilstätten im Ägerital werden neuen medizinischen Zielsetzungen zugeführt. So wird das, was Adelheid Page schuf, weiterhin Menschenleben erhalten. Daher wird das Zugervolk ihr Andenken zu allen Zeiten hoch in Ehren halten.

Im Jahr 1998 wurde der moderne neue Klinikbau bezogen und 1999 der traditionelle Altbau vollständig umgebaut. Im Jahr 2012 feierte die Klinik mit diversen Festanlässen ihr 100-jähriges Bestehen. Trägerin der Klinik ist die Gemeinnützige Gesellschaft Zug (GGZ).

Quelle: Informationsschrift ZHA 3/98